Alle Texte: 
An das Herz
Anders gekommen
Auf dem Weg nach Tzschelln
Bäume
Der Wald im Kopf
 Die Uferschenke
Ein und Alles
Es ist schön
Häng den Kopf ins Wasser
Havelnacht
Ich höre meine Füsse
Ich suche Trost im Wort
Im alten Gasthausgarten
Kino nach Tisch
Lied am Rand
Onkel Gunter
Romanze am Elsterflutbett
Rückkehr
Schluss gemacht
Trödelmarkt
Verfallender Bahnhof
Verregneter Sonntag
Verschwunden
Was ich habe
Wir sitzen in den Autos

In  Peter Huchels Gedicht „Ölbaum und Weide“ ruft die luzide Beobachtung eines Olivenbaumes („die leichte Brandung / von grauem Silber in der Luft, / wenn Wind die blasse Unterseite / des Laubes nach oben kehrt.“) die Erinnerung an alte Weiden hervor. Wie unheimliche Schwestern treten sie aus dem bannenden Bild des Olivenbaums, ersetzen es und werden zu einer von Schmerz und Sehnsucht untermalten Schlussszene:

„Sie kommen wieder, verschwimmend im Nebel, / durchtränkt / vom Schilfdunst märkischer Wiesen, / die wendischen Weidenmütter, / die warzigen Alten / mit klaffender Brust, / am Rand der Teiche, / der dunkeläugig verschlossenen Wasser, / die Füße in die Erde grabend, / die mein Gedächtnis ist.“ (1)

Als Peter Huchel 1971, nach acht Jahren des zermürbenden Ausharrens in Isolation und permanenter Überwachung, und maßgeblich auf Grund des Einsatzes von Max Frisch beim Internationalen PEN in London, endlich die DDR verlassen konnte, sollte er nie wieder zurückkehren. Nie wieder sollte er seine geliebte Mark Brandenburg, die ihn seit seiner Kindheit prägende und seine Gedichte bestimmende Landschaft, wiedersehen können.

Von 1949 bis 1962 leitete Peter Huchel die Zeitschrift „Sinn und Form“. Unter seiner Leitung wurde diese, über die Grenzen hinaus, zu einem Treffpunkt der aktuellen ästhetischen Produktionen und Diskussionen - zu einem Leuchtturm in der kulturpolitschen Finsternis der heißen Phase des kalten Krieges.
Es gelang ihm - ein mit bloßer Vorstellung unmöglich nachzuvollziehender Kraftakt - über diese langen Jahre die Zeitung frei zu halten von der ständigen Bedrängnis, den Erwartungen und Vorwürfen der Vorbeter des sozialistischen Realismus. Das wurde ihm nicht verziehen.

Seine letzten Jahre lebte Peter Huchel mit seiner Frau in Staufen im Breisgau, am Rande des Schwarzwalds.
Auch sein Grab findet sich in diesem Ort, es „ist eine eng gefasste, blumentopfähnliche Insel im sauberen leblosen Totenpark der Provinzstadt, die ihm fremd blieb, zu Poesie nicht herausforderte, obwohl er Schwarzwald und Oberrhein aus seiner Studienzeit in Freiburg kannte.“]…[„Ihm hätte ein Grab in der Mark gehört. Nicht weit vom Stromland der Havel, die sein Fluss war“] …[„vielleicht am Rand eines Dorfs, hinter Apfelgärten und Scheunen den Hang hinunter, in Sichtweite fliegender Reiher, schnell strömenden Wassers, das die Wurzelkeller der Uferweiden ausschwemmt zur Zeit seiner Geburt und spät im Herbst, wenn Regen aus dem fahlen Himmel flutet und der Fluss in das Land fließt. Im grauen und schwarzen Sand der Mark, die er liebte und in Staufen vermisste, dass ein Sprechen davon ihn beschwingen, betören und zu lautlosem Schluchzen hinreißen konnte, wäre ein Platz für ihn selbstverständlich gewesen – nicht Grabhaus, Gruft, Monument - , eine einfache Platte aus Stein, aus Schiefer, mit Namen und Jahr von Geburt und Tod: Peter Huchel 1903 – 1981.“ (2)

(Quellen:
1: Peter Huchel, Gesammelte Werke, Bd.1, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1984, S.187.
2: Christoph Meckel, Hier wird Gold gewaschen, Lengwil: Libelle, 2009, S.9ff.)

Havelnacht

Text: Peter Huchel
Musik: Rüdiger Bartsch

Hinter den ergrauten Schleusen,
nur vom Sprung der Fische laut,
schwimmen Sterne in die Reusen,
lebt der Algen Dämmerkraut.

Lebt das sanfte Sein im Wasser,
grün im Monde, unvergilbt,
wispern nachts die Büsche blasser,
rauscht das Rohr, ein Vogel schilpt.

Nah dem Geist, der nachtanbrausend
noch in seinem Flusse taucht,
in dem Schilf der Schleusen hausend,
wo der Fischer Feuer raucht.

Duft aus wieviel alten Jahren
neigt sich hier ins Wasser sacht.
Wenn wir still hinunter fahren,
weht durch uns der Trunk der Nacht.

Die vergrünten Sterne schweben
triefend unterm Ruder vor.
Und der Wind wiegt unser Leben,
wie er Weide wiegt und Rohr.

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